Internationalisierung: Lokalisieren vs. Übersetzen am Beispiel von Shopify
Tim Fabiszewski | 06.10.2022
Schlechte Übersetzungen sorgen oft für so manche Lacher. Wenn aus „Order of Fries“ die „Reihenfolge der Pommes“ wird, die „Pechuga de Pavo“ zur „Brust der Türkei“ mutiert oder die Aussage „Shoplifters will be prostituted“ zur Lachnummer des Ladens wird. Doch beabsichtigt dein Unternehmen auf der internationalen Bühne mitzuspielen, kann eine Lachnummer schnell zu einer Bankrottnummer werden. Und das willst du sicherlich nicht.
In diesem Beitrag zeigen wir, worauf es bei internationalem Content-Marketing ankommt. Was verhilft dir zum Erfolg und wie etablierst du dich in einem neuen lokalen Markt?
Mit von der Partie: Hendrik Breuer, EMEA Content Lead bei Shopify. Auch ein Unternehmen wie Shopify hat mal irgendwo begonnen und sich ähnliche Fragen gestellt. Wie Shopify bei ihrer Internationalisierung vorgegangen und was dabei herausgekommen ist, findest du im Folgenden.
Hendrik Breuer, EMEA Content Lead
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Warum überhaupt internationales Content-Marketing?
Dein Unternehmen hat einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht und es gibt mehr als nur erste vereinzelte Indizien, dass Kund:innen auch aus anderen Ländern an deinem Produkt interessiert sind, deinen Shop besuchen und letztlich zu Käufer:innen werden.
Hendrik Breuer erinnert sich dabei an den Start von Shopify im DACH-Raum: „Als wir uns dazu entschieden haben, einen deutschsprachigen Blog aufzubauen, haben wir bei 0 gestartet.“ Shopify kommt ursprünglich aus Kanada, englischsprachiger Content war also massig vorhanden. Die Entscheidung, deutschsprachigen Content zu liefern, fiel allerdings nicht aus einer Laune heraus: „Wir haben in unseren Kennzahlen gesehen, dass wir mehr Klickzahlen aus dem deutschsprachigen Raum bekamen und dass die sogenanntenEarly Adopters den englischsprachigen Content bereits für sich genutzt haben.“
Mit dem Ziel, weiterzuwachsen und „größer zu werden“ war klar, dass es eine lokale, in diesem Falle deutschsprachige Marketing-Strategie braucht. Gleichzeitig bedeutete das auch eine Ausweitung auf den europäischen Markt.
Einfach ausgedrückt:Das Ziel von internationalem und lokalisiertem Content-Marketing ist Wachstum. Aber: Es muss nicht zwangsläufig dazu kommen. Wichtig ist die Qualität, dennContent is King; auch international.
Local Content mit Übersetzungen
Neuen und originalen Content zu erstellen, ist eine große Herausforderung. Die wenigsten sind wohl in der Lage pro Woche zwei bis drei neue Blogartikel zu schreiben oder neueProduktbeschreibungen (diese zählen auch zum Content) zu verfassen. Geschweige denn in einer anderen Sprache, die möglicherweise niemand aus deinem Team auf Muttersprachen-Niveau beherrscht, und das neben den alltäglichen Aufgaben des operativen Geschäfts.
Lesetipp: Lies diese Case Study von iFixit zum Thema Produktbeschreibungen. Zur Case Study.
Um trotzdem einen Startpunkt zu finden, ist eine detaillierte Recherche das wichtigste Tool, insbesondere wenn es um Blogbeiträge geht. „Der Content, der in anderen Sprachen populär ist, ist vermutlich auch in der Zielsprache relevant“, so Hendrik.Speziell dann, wenn es um ein beratungsintensives Produkt geht.
Sind diese Performance-starken Beiträge identifiziert, können sie per Übersetzung auch zu deiner eigenen Content-Strategie passen. Dabei ist zu beachten, dass wir hier vonqualitativ hochwertigen Übersetzungen sprechen, die Besonderheiten der Zielsprache aufgreifen und nicht einer Wort-für-Wort-Übersetzung à la Google Translator entsprechen.
Für den Start kann das eine ausreichende Lösung sein, um „einen Fuß in die Tür zu bekommen“. Doch wie stoßen wir die Tür nun vollständig auf?
Was bedeutet Lokalisierung im Hinblick auf das Content-Marketing?
Zeit für ein kleines Gedankenspiel. Stell dir vor, Ed Sheeran steht mit seiner Akustikgitarre an der Straße und spielt seine Musik. In dieser Metapher ist dein Produkt der Song und deine Kund:innen sind die Menschen, die innehalten, um ihm zuzuhören.
Wenn er auf der Straße ohne Verstärker auftritt, hören ihn die passierenden Leute zwar, aber die Reichweite wird nicht sehr groß sein, im Grunde nur so weit, wie seine Stimme reicht. Wenn er sich weiterentwickeln und in größeren Veranstaltungsorten wie einer Bar oder einem Club spielt (sprich: einen neuen Markt erschließen), kann er zwar weiterhin nur an seiner Akustikgitarre ohne Verstärker spielen, doch die Menschen in den hinteren Reihen werden ihn nicht so gut verstehen.
Dieses Beispiel beschreibt nahezu perfekt, wie es ist, einen neuen Markt ohne entsprechende Lokalisierung zu betreten. Um noch mehr Menschen zu erreichen und sie deinen „Song“ hören zu lassen, ist originaler Content der entscheidende Verstärker.
Internationalisierung durch Case Studies, lokale Vernetzung und originalem Content
Bei Shopify sah das Ganze so aus: „Wir haben nach etwa einem halben Jahr, in dem wir viel mit Übersetzungen gearbeitet haben, begonnen, unseren eigenen Content zu produzieren“, berichtet Hendrik. Konkret bedeutete das, Nahbarkeit zu erzeugen.
Der Kontakt zu lokalen Unternehmen, die das eigene Produkt nutzen, ist unwahrscheinlich wichtig. Nicht nur, weil sich aus solchen Kontakten möglicherweise die ein oder andere Kooperation ergibt, sondern auch für die eigene Content-Strategie.
Die lokalen Besucher:innen deiner Seite oder deines Shops finden einfacher Zugang zu einem lokalen Unternehmen, das sie vielleicht bereits kennen und auch aus SEO-Perspektive spielt dies in Bezug auf Keyword-Ranking eine Rolle.
Für den jeweiligen Markt, beziehungsweise das jeweilige Land, in dem du versuchst, Fuß zu fassen, sind lokale Unternehmen mit ihren dazugehörigen Keywords in vielen Fällen schlicht relevanter und performen besser. Profitiere davon und baue dir ein neues lokales Netzwerk an Partner:innen auf - auch für deine Content-Strategie.
Im Falle von Shopify bedeutete das, zu zeigen, dass sie bereits lokale Partner:innen an ihrer Seite hatten und ihr Produkt nicht nur „für den hippen Geschäftsmann aus New York City relevant ist“, sagt Hendrik.
Lokalisierung vs. Übersetzung: Miteinander statt Gegeneinander
Schlussendlich ist es wie so häufig die goldene Mitte zwischen den beiden Optionen, die am effektivsten ist. Das sieht auch Hendrik Breuer so: „Lokalisierung ist zwar wichtig, aber nicht alles. Wir haben mit Übersetzungen der Top-Beiträge gestartet und sind langsam in Richtung von lokalem Content gegangen und diese Strategie hat sich für uns bezahlt gemacht“.
Betonen möchte Hendrik dabei, dass die Beobachtung der (Kenn-)Zahlen eine enorme Bedeutung hat. Eine ausgiebige Recherche von Themen, Keywords und die Analyse der Search Console und Analytics sei bei beiden Varianten notwendig und der kontinuierliche Check des eigenen Contents unerlässlich.
Lesetipp: Wie du die GSC richtig nutzt und SEO hackst. Zum Beitrag.
Messbarkeit: Wie werden Erfolge beim Lokalisieren gemessen und woran erkenne ich sie?
Eine der am meisten auftauchenden Fragen ist die der Messbarkeit von Erfolgen. Dabei zielt sie verständlicherweise auf den so oft zitierten Return of Investment, den ROI, ab.
Was bringt mir ein Übersetzungsbüro oder eine langfristige Partnerschaft mit einer Content-Marketing-Agentur? Die Antwort darauf ist dieselbe, wie wenn du dich mit dem generellen Zustand deines Unternehmens beschäftigst: Schaue dir einen Vorher-Nachher-Vergleich an und beobachte die Entwicklung der Reichweite und der Conversion-Rate.
Das gelingt am besten, wenn du beide Varianten qualitativ verfolgst und nicht schwarz-weiß denkst. „Die Grauzonen und alles, was zwischen länderspezifischem Marketing und Übersetzungen liegt, verdient Beachtung. Die richtige Mischung zu finden, war für uns letztendlich die eigentliche Aufgabe“, so Hendrik.
Im Optimalfall verleihst du deinem Business auf diese Weise einen Wachstums-Boost; und sorgst dafür, dass dein Produkt mehr Reichweite erhält. Um zu unserem Gedankenspiel zurückzukehren: Lokalisierungen und international angelegte Content-Strategien sorgen dafür, dass dein Song die nötige Lautstärke erreicht.
Coverbild: Quino Al, weitere Bilder: Austin NeillLass dich zur Internationalisierung deines Contents beraten
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